Neues aus der Aufschieberitis-Forschung

Öhm..Entschuldigung, eigentlich wollten wir diesen Beitrag früher posten 😉
Es gibt Neuigkeiten aus der Forschung zur Prokrastination. Der auf dem Gebiet führende Wissenschaftler Dr. Piers Steel hat – nach nur 10 Jahren – ein umfangreiches Werk veröffentlicht, in dem er beschreibt und erklärt, warum und wie wir wichtige Dinge aufschieben.
Seine wichtigsten Schlussfolgerungen:

  1. Die meisten Selbsthilferatgeber liegen falsch: Prokrastination ist nicht die Folge von Perfektionismus.
  2. Macht man zu Neujahr die besten Vorsätze, ist das meist zum Scheitern verurteilt.
  3. Das menschliche Aufschiebeverhalten ist mit einer einzigen mathematischen Formel beschreibbar.

Zunächst beschreibt Steel aber, was einen typischen „Aufschieber“ von einem gewissenhaften Menschen unterscheidet, der in der Regel seine Projekte pünktlich abschließt: „Aufschieber haben generell weniger Selbstvertrauen und speziell weniger Vertrauen darauf, dass sie die anfallenden Aufgaben auch tatsächlich bewältigen können.“ Die bisherige Vermutung, dass vor allem Perfektionisten die Dinge aufschieben, weil sie sich nicht sicher sind, dass ihre Projekte eigenen oder fremden Standards genügen, widerlegt er und behauptet statt dessen: „Perfektionisten schieben in Wahrheit weniger auf. Allerdings machen sie sich um das Aufschieben viel mehr Sorgen.“

Was sind aber die wahren Ursachen der Aufschieberitis? Steel zählt auf: Bedenken wegen der Aufgabe, Impulsivität, ein Hang zur (Selbst-)ablenkung, und Leistungsmotivation. Dabei bedeutet nicht jedes Aufschieben gleich (krankhafte) Prokrastination. Entscheidend ist, dass man glaubt, es wäre besser, nun anzufangen, aber trotzdem eben nicht anfängt.

Wenn Sie sich jetzt selbst ein wenig schuldig fühlen, sind Sie in guter Gesellschaft: Fast jeder Mensch durchlebt akute Phasen der Prokrastination, 15-20% der Bevölkerung sind chronische Aufschieber. Steel belegt, dass vor allem Impulsivität und das Vorhandensein von ablenkenden Aktivitäten Prokrastination begünstigen. Die Fernbedienung auf dem Tisch neben uns und die Kollegin, die sich so gerne zwischendurch mit uns unterhält sind wohl die besten Beispiele für Anreize, denen wir impulsiv nachgeben.

Die gute Nachricht: Willenskraft hilft enorm gegen impulsives Verhalten und selbstgewählte Ablenkung. „Ob man nun glaubt, dass man es schafft oder ob man es nicht glaubt – meist hat man recht. Und wenn man mehr Selbstkontrolle gewinnt, steigt zunächst die Erwartung, dass man es schafft, den Verlockungen und Ablenkungen der Umwelt zu widerstehen. Das wiederum verbessert die eigene Fähigkeit, die wichtigen Dinge gleich anzupacken“ weiß Steel.

Abschließend meint er mit einem Augenzwinkern: „Prokrastination greift gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten um sich. Deshalb: Forschungsbemühungen zur Prokrastination sollten gerade jetzt auf keinen Fall auf die lange Bank geschoben werden.“

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: University of Calgary, 2009. We’re sorry this is late…Research into procrastination shows surprising findings

Hinterlasse eine Antwort