Psychologische Begriffe: ‚Carpenter-Effekt‘ – mit Selbst-Test!

„Mensch, brems endlich!“ – Kennen Sie Beifahrer, die immer mitbremsen?

Sie unterliegen einem interessanten psychologischen Effekt, den der englische Arzt und Naturwissenschaftler William B. Carpenter erstmals 1852 beschrieb: Nehmen wir eine Bewegung oder eine handlungsrelevante Situation war (Stau-Ende!, Bremslichter!), dann spüren wir bewusst oder unbewusst einen Hang dazu, die entsprechenden Bewegungen auszuführen.

Ein anderes Beispiel: Im Kino wird eine rasante Achterbahnfahrt aus der Perspektive der Fahrenden gezeigt. Beobachten Sie die Leute um Sie herum, wenn es in den Looping geht: Fast jeder macht kleine Bewegungen mit Gesicht und Körper mit – ganz so, als würde er sich selbst festhalten müssen. Manche gehen sogar richtig mit und lehnen sich etwas nach links oder rechts.

Im Beitrag vom 20.7.09 berichteten wir über Spiegelneurone – die neurophysiologischen ‚Auslöser‘ dieser unwillkürlichen Bewegungen. Wir zeigten auch, dass man nicht jede Bewegung, die man sich vorstellt (oder wahrnimmt), automatisch ausführt (oder kopiert), weil ein bewusster Hemmmechanismus uns davon abhält, auf das virtuelle Bremspedal vor dem Beifahrersitz zu treten.

Doch dieser Hemmmechanismus ist nicht perfekt – und so wird dem Carpenter-Effekt die Tür geöffnet.

Viele esoterische Phänomene, die zunächst Staunen hervorrufen, verlieren ihre Faszination, wenn man den Carpenter-Effekt berücksichtigt.
Bei vielen Wünschelrutengängern bewirkt zum Beispiel der unbewusste Gedanke daran, dass sich die Wünschelrute an einem bestimmten Ort bewegen könnte, dass sich das Verhalten der Armmuskeln unmerklich verändert – feststellbar nur an der Position der Wünschelrutenspitze. Was dann auf die falschen Ursachen zurückgeführt wird. Auch Pendeln und Gläserrücken funktioneren erwiesener Maßen nach dem Carpenter-Prinzip. Und nicht auf Grund irgendeiner höheren Macht.

Genau genommen ist der Carpenter-Effekt nur ein Spezialfall des sogenannten „Ideomotorischen Gesetzes“ (auch als ideomotorisches Prinzip bezeichnet). Es umfasst neben dem Carpenter-Effekt das ‚Ideo-Real-Gesetz‘, das Gefühlsansteckung (zum Beispiel im Kino), Mimik, Suggestion und Hypnose mit einschließt.

Genutzt wird das ideomotorische Prinzip vor allem in der Psychotherapie – bei Entspannungsübungen und im Autogenen Traning. Unter professioneller Anleitung wird hier gelernt, sich wirksam selbst zu beeinflussen, ruhig zu werden, Stress abzubauen. Dabei steht die intensive Vorstellung im Mittelpunkt, zur Ruhe zu kommen. Was dann auch wirklich passiert.

Zum Schluss ein einfacher Test zur Überprüfung des Effekts: Nehmen Sie sich ein Pendel zur Hand. Dieses Pendel kann wahrsagen! Halten Sie es mit der linken Hand in der Luft. Ihre rechte Hand befindet sich unterhalb des Pendelgewichtes. Das Pendel wird nun ja-nein-Antworten geben, und zwar folgender Maßen: Wenn Sie ihm eine Frage stellen, wird es nach einiger Zeit anfangen, sich zu bewegen: Wenn die Antwort ’nein‘ lautet, wird es hin und her schwingen. Lautet die Antwort ‚ja‘, wird es anfangen zu kreisen. Hin und her für ’nein‘, kreisen für ‚ja‘. Bewegen Sie NICHT ihre Finger! Alles klar? Viel Spaß!

Zur Überprüfung: Nehmen Sie das Pendel zur Hand und denken Sie über längere Zeit: nein nein nein nein nein…. Bewegt sich das Pendel hin und her, selbst wenn Sie Ihre Finger nicht bewegen? Was passiert, wenn Sie statt dessen ‚ja ja ja ja ja…‘ denken? Sehen Sie…

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

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