Virtuelle Netzwerke – idealer Nährboden für aufkeimende Eifersucht
Bist du schon drin?
Virtuelle soziale Netzwerke wie Facebook, MeinVZ, Lokalisten oder XING leisten großartige Dienste beim Knüpfen und Aufrechterhalten von privaten und beruflichen Kontakten. Gleichzeitig verändern sie auch das Wesen unserer sozialer Beziehungen: Wir sind in der Lage, synchron eine Vielzahl von Beziehungen über lange Zeit aufrecht zu erhalten, ohne wirklich viel dafür zu tun. Flüchtige Bekanntschaften werden als ‚Freunde‘ deklariert. Ex-Partner und potentielle Wunschkandidaten können ganz ungeniert und unverbindlich warm gehalten oder getestet werden. Und das Wichtigste: Alle unsere ‚Freunde‘ haben Zugang zu unseren persönlichen, teils intimen, Informationen und Erfahrungen – über Texte. Fotos, Videos, Kommentare anderer Personen oder verlinkte Seiten.
Einen gravierenden Nachteil dieser ‚gläsernen‘ Darstellung unserer Person in sozialen Netzwerken haben Amy Muise und ihre Kolleginnen von der University of Ontario, Kanada, nun im Journal of CyberPsychology and Behavior veröffentlicht: Die Eifersucht von Menschen in festen Beziehungen stieg mit der Zugehörigkeit beider Partner im gleichen sozialen Netzwerk gefährlich an. Die Autorinnen folgern aus ihren Ergebnissen, dass die Internetplattformen einen ‚Teufelskreis der Eifersucht‘ heraufbeschwören: Durch die oftmals zweideutigen Informationen, die sie dort über ihre Partner, deren Expartner und neue Bekanntschaften erfahren steigt die Eifersucht und zudem die Zeit, die sie mit der Suche nach neuen ‚verdächtigen‘ Informationen verbringen. Neue zweideutige Informationen erhöhen wiederum die Eifersucht, und der Teufelskreis dreht sich. Frauen sind übrigens stärker von dem Phänomen betroffen als Männer.
Einer der 308 Studienteilnehmer brachte es auf den Punkt: „Ich habe schon genug Vertrauen in meine Partnerin und glaube, dass sie treu ist, aber wenn jemand zweideutige Kommentare auf ihrer Seite hinterlässt kann ich mir einfach nicht helfen: Ich MUSS sie hinterfragen.“ Zweifellos geht es dabei nicht nur um das mulmige Gefühl, den eigenen Partner verlieren zu können, sondern auch um die Angst, Informationen über den Partner übersehen zu können, die für ALLE anderen relevanten Personen in ihrem/seinem Umfeld offensichtlich sind. Nach dem Motto: Jetzt bin ich der/die Dumme. Dabei haben es alle bemerkt.
Selina sah ihren Lebensgefährten auf einem Party-Foto ihrer Internet-Community mit einer unbekannten Frau. „Da ist nichts“ war die lapidare Antwort, als sie ihn darauf ansprach. Ihre Freundinnen aus derselben Community waren anderer Meinung. Sie wiesen sie auf weitere Fotos mit derselben Person hin. Daraufhin begann sie, systematisch Informationen über das Verhältnis der beiden einzuholen. Das eigene Verhältnis zu Ihrem Lebensgefährten litt in dieser Zeit so gravierend, dass sie kurz vor der Trennung standen. Erst eine persönliche Aussprache zu dritt belegte, dass wirklich nichts vorgefallen war. Das Vertrauen in ihrer Partnerschaft ist trotzdem nicht völlig wiederhergestellt. „Ich war vorher schon ein wenig unsicher, aber das soziale Netzwerk im Internet hat es definitiv viel viel viel schlimmer gemacht“, sagt sie.
In der Stuide von Amy Muise trugen eine eifersüchtige Persönlichkeitsstruktur und die Zeit, die die Teilnehmer in virtuellen Netzwerken verbrachten am stärksten zu Eifersucht und negativer Beziehungsqualität bei.
Einen protektiven Faktor fanden Muise und Kolleginnen allerdings auch: Vertrauen. Wer einander grundsätzlich vertraut, oft miteinander spricht, die Wünsche und Träume des Partners gut kennt, der tappt mit weitaus geringerer Wahrscheinlichkeit in die Eifersuchtsfalle – reell und auch virtuell. Deshalb: Egal wie und wo Sie mit ihrem Partner kommunizieren, sollten Sie immer für eine positive, konstruktive und vor allem emotional offene Atmosphäre sorgen.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
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