Schweiß lass nach -warum schwitzen wir, wenn wir Angst haben?

Schon einmal vor einem wichtigen Gespräch klamme, schwitzige Hände gehabt? Den Schweiß auf der Stirn gespürt oder den eigenen Angstschweiß unangenehmer Weise gerochen?
Nicht alle Menschen schwitzen in unangenehmen, peinlichen, aufregenden oder gefährlichen Situationen gleichermaßen, aber die große Mehrheit tut es – und bemerkt es auch selbst.

Warum aber schwitzen wir in gefährlichen Situationen? Dass uns der Angstschweiß ausbricht, hat vor allem zwei Gründe:

  1. Evolutionär gesehen bereitet uns Schwitzen optimal auf Kampf und Flucht vor. Er verschafft uns das gewisse Etwas an Extra-Energie, damit wir schwierige Situationen bestmöglich durchstehen können – oder uns schnellst möglich daraus entfernen können. Wenn wir nämlich kämpfen, fliehen oder dauerhaft Höchstleistungen bringen müssen, heizt sich der Körper automatisch auf. Und Schweiß ist die natürliche Kühlflüssigkeit des Körpers. Dass schon vor wichtigen und gefährlichen Situationen Schweiß ausgeschüttet wird, liegt an einer gelernten Reaktion: Haben wir eine ähnliche Gefahrensituation schon einmal erlebt, prägen sich die Anzeichen für diese Situation unauslöschbar in unserem Gedächtnis ein. Unser Gedächtnis steuert in der wieder kehrenden Situation dann nicht nur unsere bewussten Gedanken, sondern auch unsere unbewussten Reaktionen – so auch die Schweißbildung. Gutes Beispiel: Das Wartezimmer beim Zahnarzt. Nirgendwo wird ähnlich viel Angstschweiß vergossen, obwohl eigentlich noch gar nichts passiert ist.
  2. Angstschweiß warnt andere Menschen in unserer Umgebung vor Gefahr. Jedes Kind weiß schon, dass Hunde Angstschweiß wahrnehmen können und entsprechend reagieren. Menschen können und tun das auch. Die Psychologin Prof. Dr. Bettina Pause von der Universität Düsseldorf untersuchte die Hirnaktivität von freiwilligen Versuchsteilnehmern mittels funktioneller Magnetresonanztomografie. Dabei mussten Ihre Probanden Schweißproben schnüffeln – die Hälfte davon waren in ‚Angstschweiß‘ getränkt, die andere Hälfte in ‚Anstrengungsschweiß‘. Das Ergebnis: Angstschweiß aktivierte in viel stärkerem Maße Hirnregionen, die für soziale Emotionen wie Mitgefühl verantwortlich waren. Nimmt man also Angstschweiß wahr, kann man unmittelbar fühlen, dass etwas nicht stimmt und ist gewarnt. Das zeigt auch eine Studie der Psychologin Denise Chen von der University of Houston. Deren Versuchsteilnehmer sahen sich teils Horrorfilme an, teils Dokumentarfilme. Danach gab man Studenten die Schweißproben dieser Teilnehmer zum Schnüffeln und ließ sie Wortpaare auf ihre Zusammengehörigkeit hin beurteilen. Die Hälfte dieser Wortpaare bestand aus normaler Weise angstbesetzten Wörtern wie ‚Tod‘ und ‚Waffe‘. Genau bei diesen Wörtern gelang die Zuordnung viel schneller, wenn die Studenten den Angstschweiß anderer Versuchsteilnehmer rochen. Durch den Schweiß waren sie also optimal auf die Erkennung von Gefahrensituationen vorbereitet.

Fazit: Angstschweiß ist eine natürliche und ursprünglich überlebenswichtige Reaktion unseres Körpers. Bevor man also den Schweiß mittels einschlägiger Präparate direkt unterdrückt, sollte man zunächst das Übel bei der Wurzel packen und sich fragen: Wovor habe ich eigentlich Angst? Was an dieser Angstsituation stört mich wirklich und was kann ich verhindern? Wie kann ich mich selbst ruhiger und unentspannter machen, damit erstens keine Angst und zweitens in der Folge kein Schweiß entsteht? Was auch immer uns zum Schwitzen bringt: Wir müssen es erkennen und bewältigen. Damit steigt auch unsere Lebensqualität.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Pause, B. M., Ohrt, A., Prehn, A., Sojka, B. & Ferstl, R. (2008). Chemosensory communication of anxiety. Journal of Psychophysiology.

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