Rezept zum Verlieben

„Du bist so anders, ganz speziell – ich merke sowas immer schnell“

Ja, Psychologie beschäftigt sich auch mit heißen Eisen wie Liebe und Eifersucht. Natürlich geht es – wie bei jedem anderen Thema auch – darum, diese Dinge formal zu beschreiben und Ratschläge für die Praxis abzuleiten. Niederländische Forscher zeigen zum Beispiel, wie Verlieben abläuft. Bitte überprüfen Sie selbst:

Man nehme: Die Bereitschaft, sich zu verlieben (ohne die geht nichts!), eine andere verfügbare Person, individuelle Präferenzen und zwischenmenschliche Zeichen.

Jetzt geht´s los:
Ein Mensch A ist einsam, sucht Abwechslung, ist neugierig, oder seine Hormone diktieren das Geschehen. Folge: Die Bereitschaft zum Sich-Verlieben entsteht.

Nun muss natürlich eine zweite Person B verfügbar sein, die neugierig macht – entweder weil sie gut aussieht oder dem ‚Beuteschema‘ entspricht oder irgendetwas Interessantes macht/hat.

Zum besseren Gelingen sollte B sodann irgendein wahrnehmbares Zeichen geben, das Interesse signalisiert. Anmerkung: Hierbei ist nur wichtig, was bei A ankommt. Das heißt: B könnte zwar theoretisch und praktisch rein gar nichts signalisieren wollen, das auf Interesse hindeutet, oder sogar leicht ablehnend reagieren. Umsonst, denn solange A irgendein Verhalten von B als Interesse interpretiert, wächst die Chance auf Verliebtheit.

Denn als nächstes fängt A an zu tagträumen: Wie es denn sein könnte? Ob ich es denn richtig bemerkt habe? Ob er/sie auch etwas bemerkt hat? Ob er/sie auch Schmetterlinge im Bauch hat? Ob er/sie mich auch attraktiv findet? Usw.

Dann startet in der Regel eine Phase kurzer Ablenkung. Nach dieser Inkubationszeit (siehe Beitrag vom 6.5.09) fehlt nur noch ein winziger Schritt: Ein weiteres Zeichen von B, um die Flammen der Verliebtheit zum Lodern zu bringen.

Das wars im Prinzip. Bei jedem Schritt könnten wir – rein theoretisch – ganz rational darüber nachdenken, auf welcher Stufe im Verliebtheitsprozess wir uns gerade befinden. Und dem Ganzen dadurch ein Stück weit seinen Zauber nehmen. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass sich manche Menschen so schwer verlieben und andere sich jede Woche Hals über Kopf in die (nächst-)beste Person verschießen, die sie jemals getroffen haben.

So nüchtern die niederländischen Forscher den Start kurzer Abenteuer oder auch lebenslanger Beziehungen betrachten – die Realität ist meist komplizierter als das schöne wissenschaftliche Modell. Fest steht: Viel spannender und noch ungleich emotionaler geht es erst dann zu, wenn die Wogen der ersten Verliebtheit geglättet sind und aus der anfänglichen Attraktion eine Beziehung mit Höhen und Tiefen wird. Aber die Modelle für diese komplexen Zusammenhänge stecken noch in den Kinderschuhen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Frijda, N. (1988). The Laws of Emotion. American Psychologist, 43, pp. 349-358

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