Psychologische Begriffe: „Duchenne-Lächeln“

Lächeln ist im Vergleich zum Strom kostenfrei und wärmt auch noch das Herz.

Natürlich sind wir uns dessen bewusst und ringen jeden Tag mit einem Lächeln im Anschlag um Sympathien. Dabei gibt es täglich viele Gelegenheiten, bei denen uns eigentlich überhaupt nicht zum Lächeln zumute ist, wir es aber dennoch tun, weil die kulturellen Konventionen unsere Mundwinkel automatisch oder künstlich nach oben wandern lassen.

Vertragsverhandlungen mit Kunden, Vorstellungsgespräche, Unterhaltungen mit Fremden und Vorgesetzten gehören in diese Kategorie. FlugbegleiterInnen oder MitarbeiterInnen von Call-Centern werden im Lächeln geschult, denn die Vermittlung von Sympathie und Sicherheit gehört zu ihren Kernaufgaben.

Im Beitrag vom Dienstag, 17.8.09 berichteten wir (am Rande), dass es einen leicht zu erkennenden Unterschied zwischen echtem und unechtem Lächeln gibt. Die BBC hat einen anschaulichen Test entwickelt, mit dem auch Sie Ihre Fähigkeit überprüfen können, falsches Lächeln zu entlarven und echtes Lächeln zu erkennen. Bevor Sie weiter lesen, können Sie auf das Bild klicken und diesen kurzen Test absolvieren:


Zum Test der BBC

Welches Lächeln kam von Herzen, welches war falsch? Falls Sie den Test nicht durchgeführt haben, klären wir Sie gerne auf, wie man ein echtes von einem unechten Lächeln unterscheidet: Achten Sie auf die Augen! Denn bei einem Lächeln, das von Herzen kommt, lächelt das ganze Gesicht mit, die Augen blitzen vergnügt, die Pupillen weiten sich. Dieses Lächen wird auch ‚Duchenne-Lächeln‘ genannt, nach dem französichen Physiologen Guillaume Benjamin Amand Duchenne de Boulogne, der im 19. Jahrhundert mit elektrophysiologischen Methoden die Gesichtsmuskulatur untersuchte. Ein von der Vernunft geleitetes Lächeln beansprucht dagegen nur die Mundpartie – zumindest in unserem westlichen Kulturraum.

Models zeigen vor der Kamera meist auch ein zwar geübtes und durchaus nett anzusehendes, aber unechtes Lächeln. Weshalb wirken sie später auf den Plakaten so unwiderstehlich sympathisch? Weil das echte Lächeln künstlich redigiert wird: Die Augenpartie wird per PC verändert und die Pupillen werden vergrößert. Dadurch wirken die Models interessiert und sympathisch.

Von psychotherapeutischer Seite ist vor allem ein oft übersehener Fakt (gleichermaßen tragisch wie) interessant: Unechtes Lächeln macht auf Dauer krank!

Den Beleg dafür lieferten 2008 Psychologen der Universität Frankfurt. Sie untersuchten Stewardessen, Mitarbeiter von Call-Centern (die den ganzen Tag ins Telefon ‚lächeln‘ müssen) und Verkäufer, die auch dann lächeln mussten und Freundlichkeit bewiesen, wenn sie von Kunden und Mitarbeitern angegangen oder beschimpft worden waren. Das Ergebnis: Beruflich verordnetes Dauerlächeln setzt uns unter chronischen Stress, der sich wiederrum mittelfristig negativ auf unser Immunsystem auswirkt. Nettsein wider Willen ist also pathogen.

Falls Sie nicht gerade in einem Kontaktberuf arbeiten, der stets beste Laune von Ihnen verlangt, sollten Sie im Sinne Ihrer Gesundheit folgendes beherzigen: Zeigen Sie ruhig öfter Ihre wahren Gefühle und machen nur in Ausnahmefällen ‚gute Miene zum bösen Spiel‘ – es zahlt sich langfristig aus. Und: Suchen Sie sich Tätigkeiten und Menschen, bei denen Sie häufiger Ihr Duchenne-Lächeln zeigen können. Ganz einfach so und von Herzen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle u.a.: Lermer, Stephan. Immunkraft. ECON Verlag

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