Hedonische Anpassung verhindern: Der Weg zu langfristigem Glück

Das Glücksempfinden, das von bestimmten Erfolgen oder Schicksalswendungen herrührt, klingt mit der Zeit ab: positive Emotionen, die durch diese Veränderungen entstehen, nehmen ab, es entsteht ein Streben nach immer weiteren, größeren Erfolgen und mehr Glück. Das aber führt dazu, dass viele Menschen langfristiges Glück gar nicht erst verspüren können. Psychologen haben ein Modell erarbeitet, mit dessen Hilfe diese Entwicklung aufgehalten werden kann.

 

Mit Gedanken wie: „Wenn nur erst … geschehen wird, dann werde ich wirklich glücklich sein“, jagen viele ständig dem einen Ereignis nach, das sie vermeintlich glücklich machen wird. Sei es für Kinder dieses eine, ganz bestimmte Geburtstagsgeschenk, nach dem sie sich sehnen, oder für Erwachsene die nächste Beförderung, auf die sie lange hinarbeiten. Beim Eintreten dieses Ereignisses fühlen sie sich dann wirklich glücklich – leider oft nur vorübergehend. Nach kurzer Zeit wenden die meisten erneut viel Zeit und Energie auf, um dem nächsten Ereignis zuzustreben. Die wissenschaftliche Bezeichnung dieses Phänomens lautet „hedonische Anpassung“. Wissenschaftler der Universitäten in Missouri und Kalifornien sind diesem auf den Grund gegangen und haben Wege entdeckt, diesem immerwährenden Streben nach Mehr Einhalt zu gebieten.

 

Das Phänomen der hedonischen Anpassung

Mit jeder positiven Veränderung, ob nun ein neues Auto, ein originelles Spielzeug oder eine Gehaltserhöhung, erfahren wir eine Zunahme unseres Glücksempfindens. Diese Zunahme wird allerdings nur kurzfristig erlebt. Bald rutscht das Selbstgefühl in die Ausgangssituation und man ist wieder ebenso glücklich (oder auch unglücklich) wie zuvor. Die Beobachtung dieses Kreislaufs, der als hedonische Anpassung bezeichnet wird, trägt zur Klärung der Frage bei, warum es so schwierig erscheint, wirklich glücklich zu sein. Noch interessanter ist jedoch die Umkehrung der Fragestellung: Geht man der Frage nach, warum Menschen nicht so glücklich sind, wie sie es eigentlich erwarten, erhält man Aufschluss darüber, was dabei helfen kann, das Leben wirklich zu genießen. Sonja Lyubomirsky, Professorin für Psychologie an der Universität von Kalifornien, untersuchte dieses Phänomen und entwickelte gemeinsam mit Kollegen der Universität von Missouri ein Modell, mit dem das Empfinden langfristigen Glücks möglich ist.

Die Lösung erscheint zunächst recht einfach und nicht sehr originell: Das Erleben von positiven Emotionen und Ereignissen verlangsamt die hedonische Anpassung. Allerdings sind diese Emotionen und Ereignisse umso wirksamer, wenn sie im richtigen Kontext erlebt werden.

 

Positive Emotionen erleben

Gute Taten wie Geldspenden an Bedürftige lassen uns Glück erleben. Diese Taten sind aber nicht auf monetäre Spenden beschränkt. Vielmehr sind es oft kleine, alltägliche Dinge, die wir für unsere Mitmenschen tun können, die helfen, selbst mehr Glück zu empfinden.

Intrinsische Ziele zu setzen und erreichen ist ein weiterer Weg zum Glück. Die Ziele, denen wir entgegenstreben, sollten nicht von äußeren Faktoren wie Einkommen oder Anerkennung von anderen motiviert sein. Sie sollten statt dessen von innen kommen: Neugier, Interesse oder Selbstachtung sind Faktoren, die zum Glücklichsein führen können.

Anspruchsdenken in Schach halten. Je mehr wir erreichen, desto höher wird unser Anspruchsdenken. Das bedeutet aber, dass Dinge, die uns früher glücklich machten, es heute nicht mehr vermögen. Statt immer mehr erreichen zu wollen und somit Gedanken und Energie auf dieses „Endprodukt“, z.B. eine noch höhere Jahresprämie als in den Jahren zuvor, gerichtet zu halten, empfehlen Lyubomirsky und Kollegen, sich auf die Zeit vor der erlebten positiven Veränderung zurück zu besinnen. Zudem helfen auch hierbei intrinsische Ziele: Wer seiner Arbeit nachgeht, weil er/sie sie gern tut, wird jeden Bonus als unerwartete, zusätzliche Belohnung empfinden.

Wertschätzung für die positiven Dinge im Leben ist für das Glücksempfinden von essentieller Bedeutung. Viele sehen positive Ereignisse oder Schicksalswendungen für selbstverständlich an. Doch das sind sie nicht. Erst wer lernt, die vielen guten Ereignisse wertzuschätzen, die einem widerfahren, ist auf dem Weg zum Glück.

Abwechslung erleben. Konsistenz und Konsequenz sind wichtige Faktoren, um etwas erreichen zu können. Dennoch empfinden wir auch bei Tätigkeiten, die immer wieder ausgeführt werden müssen, Abwechslung als Bereicherung, die das Leben vielfältiger macht. Lyubomirsky und Kollegen empfehlen z.B. mehrere Projekte gleichzeitig zu verfolgen oder die Art, wie man eine bestimmte, wiederkehrende Aufgabe erfüllt, zu variieren.

 

Der Weg zum Glück ist kostenlos / The best things in life are free

Keine der von Lyubomirsky und Kollegen empfohlenen Strategien haben Gehaltserhöhungen oder materielle Besitztümer zum Gegenstand. Der Weg zum Glück kostet also kein Geld. Das Umdenken und das Ändern von Verhaltensweisen kann allerdings Mühe kosten. Der Lohn dafür ist dennoch unbezahlbar.

 

 

Quellen:
Lyubomirsky, S. (2008). The how of happiness: A New Approach to Getting the Life You Want. The Penguin Press: New York.

Sheldon, K. M. & Lyubomirsky, S. (2012). The Challenge of Staying Happier Testing the Hedonic Adaptation Prevention Model. Personality and Social Psychology Bulletin, 38(5), 670-680.

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